Das gemeine Volk bei Laune zu halten, damit die wenigen Mächtigen ihre Machtpositionen behalten können. Darauf verstanden sich schon die Machthaber der römischen Kaiserzeit. Um einem Aufstand des Volkes vorzubeugen, lullten sie dieses mit großen Events und kleinen Appetithäppchen ein, damit nicht auffiel, dass der einfache Bürger im Spiel der Reichen und Mächtigen keinen Platz und Einfluss mehr hatte.
Ich möchte heute darauf eingehen, wie genau das damals ausgesehen hat und in wie weit die ganze Thematik heute noch aktuell ist.
Nachdem im alten Rom die Republik der Vergangenheit angehörte und die Kaiser die Herrschaft übernahmen, wurde schnell klar, dass sie Maßnahmen ergreifen mussten, um Aufstände durch das Volk zu verhindern, das sich übergangen fühlte. Im Zuge dessen kristallisierten sich zwei Wege heraus, die über Jahrhunderte dafür sorgten, dass die Alleinherrscher ihre Macht erhalten konnten und das Volk dies mehr oder weniger klaglos hinnahm - nämlich Brot und Spiele.
Dieser Ausdruck stammt übrigens von dem römischen Dichter Juvenal, welcher in seinem satirischen Werk 'panem et circenses' (wörtl. 'Brot und Zirkusspiele') diesen Zustand der damaligen Gesellschaft aufs schärfste kritisierte, da das römische Volk seine politische Macht gegen zweifelhafte Geschenke getauscht hatte.
Eins dieser Geschenke war das 'Brot'. Für die Bewohner Roms gab es in Massen kostenlose Getreidelieferungen und im nahezu gesamten römischen Reich waren die Preise für Getreide so gering, dass es einem beinahe schon hinterher geworfen wurde. Ist ja auch logisch: Ein sattes Volk hat weniger Anlass zur Beschwerde.
Das zweite Geschenk waren die 'Spiele' - Events zur Massenunterhaltung, wie Gladiatorenkämpfe, Wagenrennen, Tierkämpfe und Theateraufführungen.
Gerade die kämpferischen Events waren an Sadismus kaum noch zu überbieten. Hunderte, sogar tausende Menschen und Tiere wurden in großen Arenen, wie dem Kolosseum oder dem Circus Maximus geschlachtet und bekämpften sich auf bis zum Tode. Das Volk jubelte ob des grausamen Geschehens und erfreute sich daran, wenn Mensch und Tier auf besonders grauenhafte Weise starben.
Und die Kaiser gaben dem Volk, was es wollte. Einer versuchte den anderen an Häufigkeit von Kämpfen zu überbieten. Sie übertrumpften sich gegenseitig mit den Zahlen der Gladiatoren, wilden Tieren und Wagenlenkern, die sie vorführten und zur Belustigung des Volkes sich gegenseitig töten ließen. Aus aller Welt wurden die damals exotischsten Tiere gefangen, nach Rom gebracht und dort in den Arenen aufeinander oder auf die Kämpfer gehetzt - und das Volk jubelte.
Dass der Organisationsaufwand und vor allem die Kosten beinahe ins Unermessliche gingen, scherte niemanden. Gerade die finanziellen Lasten wurden vor allem auf die eroberten Provinzen umgelagert. Wichtig war nur, dass in der goldenen Hauptstadt des Reiches alles am Laufen blieb.
Auch der Bau von Theatern für die Aufführungen verschlang ungeheure Summen, welche zum einen erneut auf die Provinzen abgewälzt wurden und zum anderen von den Privatveranstaltern getragen wurden. Es wurden nicht mehr wie früher hauptsächlich Tragödien aufgeführt, sondern nun vor allem Komödien, denn das Volk wollte lachen. Es wollte sich amüsieren, um nicht über die tatsächlichen Probleme der damaligen Zeit nachdenken zu müssen und wurde davon abgelenkt, wenn die Abgaben und Steuern erhöht wurden.
Aber wie genau sieht das in der heutigen Zeit aus? Lassen wir uns immer noch mit Essen und Unterhaltung kleinhalten, damit einige wenige das Land nach ihrem Willen lenken können? - Die Antwort lautet Ja und Nein.
Ja, weil wir uns heute mehr denn je von billigem Essen und groß angelegter Massenunterhaltung ruhigstellen lassen. Wir können Lebensmittel spottbillig erwerben (oft zulasten der Länder, in denen diese Lebensmittel angebaut und produziert werden), sodass hier eigentlich niemand zu Hungern braucht. Und auch die Unterhaltung des 'gemeinen Volkes' wird immer mehr systematisiert. Wie viele von uns lassen sich durch Fernsehen, Videospiele oder große Sportevents regelrecht betäuben und davon ablenken, was wirklich in der Politik passiert? Habt ihr mitbekommen, dass während der Fußball WM 2006 die Mehrwertsteuer einfach mal von 16% auf 19% erhoben wurde? Gab es dazu irgendwelche weitreichenden Proteste?
Gut, die Spiele in der heutigen Zeit sind nicht mehr derart grausam und durchs reine Töten gekennzeichnet, aber große Veranstaltungen wie Fußballspiele, der Super Bowl oder die Olympischen Spiele ziehen trotzdem immer wieder Millionen Menschen in ihren Bann und lenken uns davon ab, was wirklich in der Welt passiert. Je mehr Unterhaltung und geistige Berieselung wir geboten bekommen, desto mehr lassen wir uns einlullen.
Die Frage, ob das Prinzip Brot und Spiele noch heute funktioniert, lässt sich aber auch mit Nein beantworten.
Nein, weil es inzwischen immer mehr Menschen, vor allem junge Menschen gibt, die für ihre Ziele und Interessen eintreten und sich weltweit Gehör verschaffen, wenn in der Politik etwas total daneben geht (siehe die Friday for Future Streiks, die europaweiten Proteste zu Artikel 13 oder das CDU-Video von Rezo, um nur mal ein paar aktuelle Beispiele zu nennen). Es wächst gerade also eine Generation heran, die sich nicht mehr ganz so einfach die Butter vom Brot nehmen lässt. Ob nun solche Proteste wirklich Erfolg haben oder nicht, sei mal dahin gestellt, aber es gibt zumindest die Entwicklung dahin, dass nicht mehr alles klaglos hingenommen wird. Dazu kommt, dass wir uns über das Internet viel besser organisieren und auch informieren können, was in der Welt geschieht, ob und wie bereits etwas dagegen unternommen wird und wie wir selber mitwirken können.
Wir sind die Generation, die mehr als alle bisherigen Generationen die Möglichkeit hat, etwas in der Welt zu verändern. Wir können unsere Meinungen und Ansichten kundtun, uns mit Leuten aus aller Welt austauschen und finden immer mehr Gehör in der Politik. Klar, nicht alles hat auch wirklich Erfolg und wir werden auch nicht immer so ernst genommen, wie wir es gerne hätten, aber wir haben trotzdem die größten Chancen, dass unseren Anliegen Beachtung geschenkt wird und eben nicht wie damals im alten Rom über Jahrhunderte hinweg die selbe Masche der Mächtigen zieht.
Nutzt die Möglichkeiten, die ihr habt! Geht wählen! Tauscht euch miteinander aus! Geht auf die Straße!
Tragt euren Teil dazu bei, dass diese Welt zu einem besseren Ort wird.