Schrieb:
In letzter Zeit (ok, der Text ist auch schon wieder 'n Jahr alt) kann ich nicht mehr schreiben. Konnte das früher total gut und hab' mich irgendwie verschlechtert, dunno. Taste mich also derzeit wieder ganz langsam mit ganz kleinen Textpassagen vor. Brauche mehr Können, lol.
Ich schreibe, um die Tiefen des Menschen zu ergründen. Doch alles, was ich schreibe, gehört nicht mir. Es gehört aber auch niemandem außerhalb, denn von mir aus geht bloß diese unüberwindbare Schreibblockade, die ich nicht niederzuschmettern wage. Alle Zeilen, die du unter meinem Namen liesest, stammen aus diesem Ungestüm, das mittlerweile beinahe vollständig Besitz von mir ergriffen hat. Das verhindert, dass die Blüte der Wahrheit zum Vorschein kommt, die Leichtigkeit der Liebe unterdrückt und puren witzlosen Sarkasmus zurücklässt. Und Tag für Tag versuche ich mithilfe der Musik Stücke herauszureißen, aus mir, Stücke, die nicht mir gehören, nicht meiner Kontrolle unterliegen, restlos zu entfernen. Doch es ist nicht ungeschickt, nicht dumm. Es passt sich den meinen Zellen an und lässt mich glauben, es wäre ich. Lässt mich glauben, ich würde Scherben meinerselbst in der Welt verteilen, wo ich es doch eigentlich bloß an den Ort schicke, an dem es seine Bestimmung und seine Existenzberechtigung finden kann, insofern diese überhaupt existent ist. Letztendlich fungiere ich als stählerner Fels in der Brandung für meinen größten Feind. In ihm steckt der wahrhaftigste Teil des meinen Ichs, die Liebe, Freundschaft zu mir selbst. Verliere ich es, verliere ich einerseits die verschleierten Lügen und den scheinbaren Altruismus, andererseits aber auch die einzige Liebe, die mir zuteil wurde. Und aus purer Angst heraus handle ich nicht und lasse die Dunkelheit mich verschlingen, bei vollstem Verstand anfangs. Nun bleibt ein Käfig des Wahnsinns um mich herum, mit dem ich nicht viel anzufangen weiß, mit dem zu leben ich akzeptiert, nie aber mögen gelernt habe. Wehrlos und aufgebend liege ich tagtäglich am Boden und wünschte mir, ich könnte in die Surrealität entfliehen. Doch halten die Mauern alles Magische gänzlich ab, vermeiden es, auch nur den kleinsten Funken Farbe in das Gemälde zu lassen, das die gesamte Wahrnehmung meiner Welt verzaubern könnte. Es erinnert mich an zu Hause.
Und manchmal wiederum zwingen sie mich, aus diesem Käfig auszubrechen, wenn ich auch weiß, dass das absolut unmöglich ist und nur meine Zeit überbrücken sollte. Dann fantasiere ich, fast schon familiär vertraut, im Wahn von Farben und Formen außerhalb meiner Vorstellungskraft, denn mir werden Bilder gezeigt, die ich noch niemals zuvor gesehen habe. Vor mir erstreckt sich ein langer Weg der Freiheit, eine schier unendliche Straße, die ins Ungewisse führt. Ich lebe die Bilder, die sie mir malen, versinke in vorgesprochenen Illusionen. Und dann wecken sie mich auf, schalten alle Filme ab und die Lichter an. Holen mich dorthin zurück, wo ich ständig gefesselt war. Wieder bin ich am Anfang. Nie gegangen, nicht einmal eine minimale Bewegung vollbracht. Verspüre ein Gefühl der getäuschten Freude und vegetiere weiter vor mich hin, ein ständiges Lächeln auf den Lippen tragend. Es ist schon so weit, dass ich mir nicht sicher bin, ob es weiß, dass ich existiere. Womöglich hat es bereits Besitzansprüche gestellt. Oder ich bin nur seine Illusion, so wie die Freiheit die meine war, und existiere bloß, weil irgendjemandem irgendwo eingetrichtert wird, ich wäre Realität, wo ich doch nicht einmal die Definition eines Hologramms erfülle.
Ich fühle mich überrannt, gebe mich geschlagen und höre auf zu suchen.
Und es dauert nicht lange, da zeigt es mir wieder seine Macht.
Und ich trage es so lange, wie ich kann.
Denn es gibt mir scheinbare Freiheit.
Und ich gebe ihm Sicherheit.
In mir findet es seine Heimat.
Ich vergöttere es.
Und es liebt mich.