lauraelli Schrieb:
Lydia
Widerwillig griff die junge Dame nach dem Scheinchen und steckte es in ihren schwarzen Geldbeutel, das an ihrem Gürtel befestigt war. Eine Menge Trinkgeld gab er ihr da, mehr als das dreifache des eigentlichen Preises. Aus irgendeinem Grund zweifelte Lydia daran, dass der Kaffee so gut war. Der Gedanke ließ sie schmunzeln während sie den goldenen Knopf des Beutels zudrückte.
Ihr Blick fiel auf seine Brieftasche, die ziemlich alt aussah, dennoch aber gepflegt war. Wenn ein Mann ein gepflegtes Portemonnaie besaß, dann pflegte er auch andere Dinge in jeden erdenklichen Lebenslagen, zumindest war das eine Weisheit nach der sie schon lange gelebt hatte und auch bei ihrer Auswahl der Männer nicht allzu unwichtig war.
Erst dann realisierte sie, dass sie endlich wusste wie dieser unfassbar gutaussehende Mann vor ihr hieß. Cale. Der Name passte zu ihm, zu seinen perfekt liegenden, aber trotzdem verwuschelten Haaren, das tiefe Meerblau seiner Augen, zu seiner gesamten Gestalt. Sie vernahm ein Klingeln aus dem Hintergrund, offenbar war es Frank, doch der Ton gelangte nur wage zu ihr, es war, als würden die Schallwellen durch Wasser zu ihr durchdringen.
"Fairmont Château. Ist das nicht unglaublich teuer?" Ihre Frage war eigentlich überflüssig, sie war sich des Preises bewusst, den sie nie für erschwinglich empfinden würde, schließlich liebte sie unter einfachen Bedingungen und teilte sich ihre Wohnung mit einigen Mitstudenten. Auch dieser kleine Ort war nicht für seine niedrigen Mietpresie bekannt und so versuchte Lydia an allen Ecken und Enden so gut wie möglich zu sparen.
Bing. Es klingelte erneut. Als wäre er ganz weit weg, vernahm sie Franks Stimme, wie er ihren Namen rief. Lyd! Lyd! Aber Cales Präsenz nahm sie so sehr in den Bann, dass ihre Reaktionszeit verlängert wurde. Dieses Funkeln in seinen Augen, sein dunkler Blick zeigten ihr, dass ihm das Geld in dieser Hinsicht egal zu sein schien.
"Also gut", meinte sie entschlossen, "halb Acht bei mir, ich werd' dir meine Adresse schreiben. Bis heute Abend, ich... muss weiterarbeiten, also, wir sehen uns", sie erschien etwas zerstreut dank der Tatsache, dass ihre Ohren Franks Stimme offenbar nicht mehr so recht registrierten, doch als sie sich umdrehte, merkte sie, dass auch eine ältere Dame sie etwas gefragt hatte und sie selbst das nicht mitbekommen hatte. Ohje. Als hätte sich Cale in Luft aufgelöst, brachte sie die Dame zu einem Tisch etwas weiter weg und damit Frank endlich Ruhe gab, servierte sie auch die noch warmen Beignets.
Ihr Blick fiel auf den Tisch, an dem Cale gerade noch gesessen hatte, die Bank war leer und nur aus dem Augenwinkel erkannte sie, wie diese große männliche Gestalt das Café verließ. Erst in diesesm Moment fiel ihr auf, dass sie sich wie leichte Beute vor ihn geworfen hatte, als wäre er ein Raubtier und sie als Futter wäre freiwillig in seinen Käfig gestiegen. Doch zu ihrer Überraschung störte sie dieser Gedanke nicht - im Gegenteil.