Mittlerweile hat es vielleicht bereits jeden erreicht. So ziemlich jeder weiß über den Klebereiweiß Gluten bescheid. Er versteckt sich im Weizen und ist stark umstritten. Doch was steckt hinter und wo sind die tatsächlichen Probleme?
Gluten ist, wie bereits benannt, ein Klebereiweiß der in verschiedenen Getreidesorten steckt, unter anderem in Weizen, Gerste, Dinkel, Roggen, Emmer, Einkorn, Kamut, Grünkern und Triticale. Gluten dient insbesondere zur Verklebung des Getreides. Wenn man beispielsweise aus dem Getreide Mehl mahlt und es anschließend für ein Brot verwenden möchte, verklebt es besser und bindet sich wunderbar mit den Zutaten. Das ist bei glutenfreiem Mehl ganz anders. Glutenfreie Mehle sind z. B. aus Mais, Reis, Qinoa, Hirse, Buchweizen oder Soja. Hier benötigt die Verarbeitung viel Erfahrung und ziemlich viele Zusatzstoffe, weshalb es beispielsweise unmöglich ist einfach Maismehl zu nehmen und es genauso zu behandeln wie Weizenmehl. Der Teig würde höchstwahrscheinlich staubtrocken sein und nicht aufgehen. Daher stellt sich die Verarbeitung als besonders kompliziert dar, wird aber dennoch immer öfter angeboten, denn folgendes ist über die letzten Jahre passiert:
Viele Menschen sind dem Glauben, dass Gluten ein Stoff ist, den der Mensch nicht benötigt. Außerdem soll es wohl beim Abnehmen helfen und innerhalb kürzester Zeit zum Traumbody führen. Doch das allein ist tatsächlich nicht der Grund dafür, dass immer mehr glutenfreie Produkte angeboten werden oder sogar Restaurants und Imbissketten ihre Produkte mit dem Zeichen für Gluten abzeichnen.
Der tatsächliche Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen unter der sogenannten Zöliakie leiden. Klingt im ersten Augenblick nach nichts, doch ist sehr schwerwiegend, denn ein Zöliakie-Erkrankter ist für sein Leben mit der Krankheit gestraft, denn sie ist bisher nicht heilbar und kann nachweislich sogar in nächste Generationen vererbt werden.
Die Erkrankung kann jeden treffen und ist daher auch keine Seltenheit mehr. Wer also einen sehr schwachen oder anfälligen Körper hat, häufig mal an einer Magen-Darm-Grippe erkrankt, kann sich zukünftig eventuell darauf einstellen, dass auch man selbst vielleicht bald betroffen ist.
Die Glutenunverträglichkeit entwickelt sich aus einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut die auf den Klebereiweiß Gluten reagiert, dabei kommt es zu immenser Zerstörung der Darmepithelzellen. Diese Zellen sind insbesondere für die Verarbeitung von Nahrungsstoffen verantwortlich und produzieren Verdauungsenzyme. Durch die chronische Entzündung und den Abbau dieser verbleiben die Nahrungsstoffe unverdaut im Darm und lösen bei dem Betroffenen Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen (etc.), Müdigkeit und im schlimmsten Fall sogar Depressionen aus. Dadurch, dass jeder unterschiedlich auf die Unverträglichkeit reagiert, ist das Krankheitsbild nur sehr schwer zu deuten und wird daher oft gar nicht erst erkannt. Eine Behandlung, um die Krankheit zu stoppen, gibt es nicht. Die einzige bisher funktionale Lösung dagegen ist eine glutenfreie Ernährung.
Könnt ihr euch ein Leben ohne Pizza, Pasta, Burger, Brot, Kuchen oder Müsli vorstellen? Ein Leben, in dem ihr nicht eben spontan beim Bäcker ein Brötchen kauft, wenn ihr Hunger habt oder mal bei McDonalds vorbeifahrt, weil ihr so Bock auf was fettiges habt? - so ein Leben führt ein Zöliakie-Erkrankter.
Seit wenigen Jahren aber ist es nun möglich das Verzichten auf diese Lebensmittel zu Nichte zu machen. Viele große Hersteller wie Schaer, Schnitzler, ProCeli, ReweFrei oder Seitz stellen nämlich Produkte für die glutenfreie Diät, sei es nun gezwungenerweise oder nicht, her. Darunter tatsächlich abgepacktes Brot (leider zu viel Plastikverpackung, dazu gibt es hier gern mehr), Pasta, fertige Lasagneblätter, verschiedene Sorten Mehl (werden oft für die Verarbeitung differenziert zwischen Brotmehl/Kuchenmehl/normaler Gebrauch), Müsli, Kekse, Kuchen und so vieles mehr. Seit kurzer Zeit gibt es in einigen Supermärkten sogar Croissants, Tiefkühlpizza oder Fischstäbchen.
Der Anfang ist ein harter, wenn man sich mal so durch den Kopf gehen lässt wie die Ernährung eines Tages aussieht. Am Morgen zwei Brötchen, unterwegs eine Brezel, zu Hause Nudeln mit Pesto, Abends ausgegangen gab es Brot zur Vorspeise, eine cremig verstärkte Suppe, ein paniertes Stück Schnitzel und im Anschluss noch n richtig deftiges Stück Schokoladenkuchen. Alles fällt einfach weg. Von jetzt auf gleich. Die Krankheit klingelt nicht erst an der Tür oder kündigt sich an, sie ist plötzlich einfach da. Daher ist die Diät für den privaten Gebrauch einzugehen mittlerweile sehr einfach, doch ausgehen stellt sich nach wie vor sehr schwierig dar.
Man geht ins Restaurant, schaut auf die Karte: Pizza, Pizza, Pasta, irgendwas paniertes, Nachtisch braucht man sich selten noch anschauen. Hans im Glück ist auch immer sehr spannend, alle essen Burger und du stocherst in deinem Salat herum. Meist fallen die Entscheidung also auf Salate, Speisen mit Kartoffeln oder Fleisch, sofern man dieses zu sich nimmt.
Ich kann leider nur aus Erfahrung sprechen, dass es sehr anstrengend ist etwas zu finden, wo man essen gehen kann.
Doch mittlerweile haben nicht nur Restaurants und Supermärkte aufgestockt, sondern auch richtige Imbissketten! Vapiano zum Beispiel bietet nahezu alle Speisen für einen Aufpreis von circa 2 Euro glutenfrei an. Auch McDonalds bietet (leider bisher nur in Österreich, also bitte großen Applaus an die Österreicher, ihr seid fantastisch) Burger an.
Allerdings, und nun kommen wir zum wahrscheinlich größten Manko, neben der Tatsache, dass es oft sehr pappig schmeckt und generell nicht wirklich geschmacksintensiv ist – es ist so teuer. Für eine Packung Brot vom Hersteller Schaer (bei weitem das beste kaufbare Brot), lässt man zwischen 3–4 Euro an der Kasse. Ein Kilo Mehl, 4–5 Euro, abhängig davon welcher Mix, ist das nicht irre? Ein Zöliakie-Erkrankter muss im Durchschnitt das doppelte, wenn nicht sogar dreifache des Preises für Lebensmittel lassen, nur damit er Ersatzprodukte zu sich nehmen kann, die jeder andere zu Spottpreisen bekommen könnte. Krankenkassen weigern sich diese Einkäufe zu übernehmen, wodurch Erkrankte aus ihrer eigenen Tasche zahlen müssen.
Naja soviel dazu. Ein kleiner Einblick in eine noch sehr kleine „Spezies“ der Unverträglichkeit, 3 mal Holzklopfen, dass es niemanden von euch widerfährt, das ist so eine Qual :-D schönen Sonntag euch!
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