Viele Studierende kämpfen während des Studiums mit Geldproblemen. Stipendien sind eine Möglichkeit zur Studienfinanzierung, die ignorieren, da sie sich leider für "nicht gut genug" halten. Neben privaten Förderern gibt es in Deutschland 13 große Förderwerke, die u.a. mit staatlichen Mitteln finanzielle und ideelle Unterstützung bieten. Ähnlich wie beim Bafög hängt der monatliche Betrag vom Einkommen und Vermögen der Eltern ab und kann bis zu 1.466 € pro Monat reichen, alle Stipendiaten erhalten jedoch mindestens 300€ monatlich. Die Förderwerke repräsentieren gesellschaftliche, wirtschaftliche, religiöse, politische und gewerkschaftliche Strömungen in Deutschland. Politische Stiftungen sind parteinah, zu diesen zählen:
· Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU)
· Heinrich-Böll-Stiftung (Bündnis90/Die Grünen)
· Hanns-Seidel-Stiftung (CSU)
· Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP)
· Friedrich-Eberhard-Stiftung (SPD)
· Rosa-Luxemburg-Stiftung (Die Linke) Die Stiftung der AfD (Desiderius-Erasmus) erhält (zum Glück) keine Mittel des Bundes.
Auf religiöser Seite gibt es
· das Cusanuswerk (katholisch)
· das Avicenna Studienwerk (muslimisch)
· die Ernst-Ludwig-Ehrlich-Stiftung (jüdisch)
· das Evangelische Studienwerk Villingst
Außerdem gibt es
· die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (wirtschaftsnah)
· die Hans-Böckler-Stiftung (steht deutschem Gewerkschaftsbund nahe)
· die Studienstiftung des Deutschen Volkes. Letztere ist das größte Förderwerk und fördert mit 14.000 Studierenden ungefähr so viele wie alle anderen Werke zusammen. Zu erwähnen ist auch das Deutschlandstipendium, das zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von privaten Förderern und Firmen finanziert wird und monatlich 300€ beträgt. Leider werden die staatlichen Mittel für Stipendien jährlich nicht aufgebraucht, beim Deutschlandstipendium werden manchmal sogar etwa die Hälfte der verfügbaren Stipendien nicht vergeben. Grund dafür ist, dass es schlichtweg zu wenig Bewerber gibt
Laut Bildungsministerium: "Überdurchschnittliche Leistungen […] wie gesellschaftliches oder soziales Engagement. Die […] Begabtenförderungswerke tragen mit ihrer ideellen und finanziellen Förderung dazu bei, hoch qualifizierte und verantwortungsbewusste Persönlichkeiten heranzubilden, die der Gesellschaft etwas zurückgeben." (Quelle: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/begabtenfoerderung/die-begabtenfoerderungswerke/die-begabtenfoerderungswerke_node.html) Das klingt immer direkt nach 1,0 Schnitt und jeden Tag nach der Schule bedürftigen Kindern Nachhilfe geben, bevor man abends für Jugend musiziert oder so übt, ist aber eigentlich weniger anspruchsvoll als es sich anhört. Damit kann auch gemeint sein, sich zuhause um die Geschwister zu kümmern, weil die Eltern arbeiten. Eine 1,0 ohne soziales Engagement ist ebenso kein Garant für ein Stipendium. Es geht nicht (!) nur um Überflieger, die meisten Stipendienträger haben jedoch gute bis sehr gute Noten. Viele Förderwerke bevorzugen zudem Studierende aus Familien ohne akademischen familiären Hintergrund oder mit Migrationshintergrund.
Das unterscheidet sich innerhalb der Förderwerke. Für das Deutschlandstipendium musste ich "nur" einen Lebenslauf und ein einseitiges Motivationsschreiben abgeben. Bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes ist das schon aufwändiger. Da braucht man erst einmal einen Vorschlag mit Empfehlungsschreiben. Das kann vom Prüfungsamt, der Schule, einem Dozenten oder auch von sich selbst kommen, das Empfehlungsschreiben muss man sich von einem Lehrer oder einem Dozenten besorgen. Bei einer Selbstempfehlung muss man an einem Test teilnehmen. Dann muss man einen zweiseitigen, ausformulierten Lebenslauf und ein dreiseitiges Motivationsschreiben abgeben. Diese sind die Grundlage für Auswahlgespräche am Bewerberwochenende (online), an dem alle mit Empfehlung teilnehmen dürfen. An diesem wird man in eine Gruppe ca. 4 anderen und einem Seminarleiter eingeteilt. Abwechselnd hält dann jeder einen 10-minütigen Vortrag und im Anschluss daran wird 20 Minuten zu dem Thema in der Gruppe diskutiert. Währenddessen hört der Seminarleiter zu und macht sich Notizen. Daneben muss man mit zwei weiteren Leitern ein Gespräch über sein Studienfach und den geplanten beruflichen Werdegang und über sein Leben und sein Engagement führen. Dabei wird beurteilt, ob man bereit ist Verantwortung zu übernehmen, wie motiviert man ist etc. Alle drei Leiter, die einer Person am Wochenende begegnet sind, werten dann ihren Teil aus und geben Ja oder Nein für eine Aufnahme. Sie versuchen das so unabhängig von Sympathie und neutral wie möglich zu machen. Bei zwei Zustimmungen wird man in die Stiftung aufgenommen.
Förderwerke bieten neben Geld auch ideelle Förderung, also z.B. Sprachkurse oder die Teilnahme an Seminaren. Das hört sich zu gut, um wahr zu sein für dich an? Halte dir vor Augen, gesucht werden nicht nur Überflieger, sondern "normal" begabte Menschen, die sich für andere einsetzen und anderen helfen. Ich kenne viele Leute mit einem Zweierschnitt, die ein Stipendium erhalten haben. Das ist zwar gut, aber weitaus unter den 1,0-Erwartungen der meisten. Darüber hinaus gibt es zahlreiche private Stiftungen, die z.B. speziell Studierende mit abgeschlossener Berufsausbildung unterstützen. Die Möglichkeiten sind da sehr vielfältig, erfordern jedoch etwas Recherchearbeit. Auch eine zweite und erneute Bewerbung kann erfolgsversprechend sein (wie bei mir). Um Empfehlungsschreiben zu bitten ist ebenfalls keine Schande, das gehört zum Dozent-Sein dazu. Wer sich denkt, mein Dozent kennt mich eh nicht, normalerweise wird um einen Abriss des Lebenslaufs gebeten, wie viele Studierende haben besonders zu Beginn schon ein gutes Verhältnis zu ihren Dozenten? Ich hoffe, ich konnte ein bisschen zur Bewerbung auf Stipendien ermuntern, ich selbst hatte zwei Jahre lang das Deutschlandstipendium und werde jetzt von der Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert (Schnitt bei Bewerbung war 1,8), bei weiteren Fragen könnt ihr euch gern an mich wenden und ich hoffe ich kann helfen!