Hallo meine Lieben!
Passend zu diesem schönen Ostermontag, gibt es auch eine kleine Ostergeschichte. Wie steht ihr zu Ostern? Teilt ihr die Ansichten unserer Protagonisten, oder vergöttert ihr Ostern? Sagt es uns in den Kommentaren!
Viel Spaß beim Lesen. ♥
Ich mochte Ostern nicht. Spätestens als die kindliche Naivität verflog, und ich erkannte, dass das Kaninchen im Kindergarten nicht der Osterhase war, sondern viel mehr meine Mutter, war der Osterzauber verschwunden. Und so war ich auch nicht sonderlich begeistert, als meine Schwester um acht Uhr auf mich sprang, und mich somit aus dem Reich meiner wundervollen Träume rieß. Es sollte als Verbrechen eingestuft werden, arme Teenager wie meine Wenigkeit, vor Mittag zu wecken, immerhin hatten wir uns doch wenigstens in den Ferien unseren Schlaf verdient. Meine Schwester war da leider ganz anderer Meinung und hüpfte munter auf meinem Bett. "Jule, Jule, aufsteeeehen!", trällerte sie mit ihrer piepsigen Stimme. "Jule bringt dich gleich um", grumelte ich hingegen und warf ein Kissen nach ihr. Meine Schwester ließ sich jedoch nicht beirren, sondern setze sogar noch einen drauf: "Wir fahren zu Oma!" Ich stöhnte genervt auf. Hatte das Schicksal denn heute überhaupt kein Erbarmen mit mir? Es war nicht so, dass ich meine Oma nicht mochte, ich hatte sie sogar ein klitzekleines bisschen lieber als Ostern, aber das Weib hasste mich einfach. Wirklich. Wenn man der Meinung ist, dass alte Leute nicht gefährlich sein können, dann hat man eindeutig eine falsche Meinung. Ich persönlich hoffte jedes Mal nicht bei einem Besuch zu sterben - sei es nun vor Langeweile, von ihren im letzten Jahrhundert gebackenen Keksen, oder ihren überaus giftigen Blicken. Meine kleine Schwester Milli hingegen vergötterte sie, was natürlich auch kein Wunder war. Die hatte immerhin gold glänzende Locken und einen obligatorischen Kleinkind-Bonus. Als Milli abermals Anstalten machte, meinen Körper als Trampolin zu benutzen, stand ich murrend auf, um ins Bad zu latschen. Ein Blick in den Spiegel reichte, um mich selbst zu erschrecken. Großer Gott, hatte ich mich über Nacht in einen Ogar verwandelt? Schnell ertränkte ich erst mein Gesicht, um es dann mit gefühlten tausend Cremen voll zu schmieren. Jetzt würde man sich bei meinem Anblick wenigstens nicht mehr freiwillig ins Jenseits begeben. Nach meiner kurzen Morgensroutine ging ich in die Küche, wo meine Eltern und meine kleine Schwester schon fröhlich am Frühstück saßen. "Herzlichen Glückwunsch, ihr seid die perfekte Klischee-Familie am Ostermontag", stieß ich beim Anblick der ganzen Eier aus. Eier mit schlichten Farben und mit abstrakten Mustern zierten die ganze Küche. Mein Vater verdrehte die Augen und klopfte neben sich. "Komm du Morgenmuffel, setz dich." Schweigend ließ ich mich auf einen Stuhl sinken und aß - Schande über mein Haupt - ein Ei. Die Schale bestand aus einem Gemisch aus Lila, Orange und Braun. Schick. Nagut, nicht wirklich. Nach dem Frühstück ging das übliche Chaos los - mein Vater fand sein Autoschlüssel nicht (Er war in seiner Jackentasche, was man sogar von hier aus sahm), meine Mutter hatte die grandiose spontane Idee einen Kuchen zu backen (Wir wollten ja auch erst in einer halben Stunde los.) und Milli konnte sich nicht zwischen ihrer rosanen Kringelstrümpfen und denn grün-rot gepunkteten (Ist ja auch eine schwere Entscheidung.). Aber ich will mich nicht beschweren, immerhin saß ich nur die ganze Zeit gelangweilt in meinem viel zu engen Kleid, dass mir meine Mutter aufgedrückt hatte, und betete, dass dieser Tag möglichst schnell ein Ende nahm. Letztlich schafften wir es jedoch alle ins Auto zu kriegen, und loszufahren. Bei einer herzallerliebsten Großmutter wurde uns natürlich sogleich mitgeteilt, dass viele geheimnisvolle Eier vom Osterhasen versteckt wurden, und darauf warteten von uns entdeckt zu werden. Sie sagte zwar 'uns', aber dass sie 'Milli' meinte, war so klar, wie die Tatsache dass ich mich jetzt schon ganz weit weg wünschte. Außerdem zwinkerte meine Oma dabei so permanent, dass ich anfing mir ehrlich Sorgen zu machen. Bei einem Wesen, dessen verwesender Gestank einen schon Meter entfernt traf, konnte so ein Gezwinker schnell als Todesurteil gedeutet werden. Na gut, ich war gemein, aber mein gedanklicher Zynismus war das Einzige, was mich diesen Besuch heil überstehen lassen könnte. Die nächsten Stunden verbrachte ich im Garten und auf eingeschanzt in der Toilette, wo ich ebenfalls zum Schluss kam, dass meine Oma genug Klopapier für eine mehrjährige Apokalypse hatte. Mindestens 60 Rollen hatte sie in ihrem winzigen Bad gestapelt. Wenigstens schien die Sonne, und wenn ich die Augen schloss und Millis aufgeregtes Gewussel ausblendete, konnte ich sogar in der Illusion eines wundervollen Sommerurlaubs schwelgen. Erst als Milli lautstark anfing zu jammern, öffnete ich wieder die Augen. Anscheinend gab es noch ein Osterei, dass sie einfach nicht fand. Welch eine Tragödie. Ich wollte schon wieder die Augen schließen, als plötzlich meine Oma sagte, ob nicht ich es versuchen wollte. Nein. Nein, nein, nein. Einfach nein. Ich war 15 und suche nun bestimmt nicht so ein verdammtes Osterei. Jedoch zeigte der Blick meiner Mutter deutlich, dass, wenn ich nicht sofort aufstand und mithalf, mir mächtiger Ärger drohte. Seufzend durchsuchte ich also mit Milli das kleine Haus und den Garten, jedoch erfolglos. Schließlich gaben wir es auf, und aßen mit den Erwachsenen den Kuchen, denn meine Mutter hatte es tatsächlich noch geschafft einen zu backen. Ich war gerade mit meinem Stück fertig, als sich meine Großmutter räusperte, und mir einen kleinen Gegenstand zu schob. Verwundert blickte ich ihn an, während Milli das aussprach, was ich dachte: "Das ist ja das letzte Osterei!" "Machs auf", forderte meine Großmutter mich auf. Skeptisch brach ich die Schokoladenhülle auf, um dann erstaunt einen kleinen Zettel in der Hand zu halten. In der typischen krakeligen Schrift eines Jungen konnte ich eine Telefonnummer entziffern. "Was ist das?", fragte ich meine Oma. Diese lächelte nur leicht, sammelte kurzerhand die Teller ein und sagte dann, bevor sie durch die Terrasse in die Küche gang: "Ich habe meiner Freundin nur einen Gefallen getan. Sie hat nämlich einen Enkel, der in deine Klasse geht, aber furchtbar schüchtern ist." Fassungslos starrte ich ihr hinterher. Sie meinte noch nicht...? Plötzlich brach ich ins schallendes Gelächter aus, worauf auch meine Eltern und meine kleine Schwester mit einstimmten. Vielleicht war Ostern doch nicht ganz so schlimm.