Erinnert Ihr Euch noch an die Ereignisse, die sich im Herbst 2016 abspielten? Als sich viele Menschen davor fürchteten, nach Anbruch der Dunkelheit noch einen Fuß vor Ihre Tür zu setzten? Je näher Halloween kam, desto häufiger sichtete man sogenannte Horror- bzw. Killer-Clowns, die Ihr Unwesen auf den Straßen dieser Welt trieben und die Passanten in Angst und Schrecken versetzten. Als sei dieser Umstand nicht schon gruselig genug gewesen, waren einige der Clowns sogar bewaffnet und durchaus gewaltbereit.
Aber wie kam es überhaupt dazu, dass die in der Theorie lustigen Clowns, praktisch zu einem Symbol des Schreckens wurden?
Spricht man über Kindheitsängste, dauert es für gewöhnlich nicht lange, bis jemand die unbeliebten Clowns erwähnt. Fragt man dann nach dem genauen Grund für diese meist irrationale Furcht, bekommt man häufig dieselbe Geschichte erzählt: Person X hat sich als Kind die TV-Adaption von Stephen Kings Grusel-Roman „Es“ angesehen und bekommt seitdem ein mulmiges Gefühl, sobald es um die stark geschminkten Geschöpfe in Ihren bunten Anzügen geht.
Allein die Eröffnungssequenz der Miniserie, in der der blutrünstige Clown Pennywise dem kleinen Georgie in der Kanalisation auflauert und ihn letztendlich auffrisst, bereitet vielen Menschen Gänsehaut. Scheinbar fürchteten sich die Zuschauer in den 90er-Jahren sogar so sehr vor der Gruselgestalt, dass zu dieser Zeit auch der Begriff „Coulrophobie“ entstand – eine inoffizielle Bezeichnung für die panische Angst vor Clowns.
Doch auch mehr als 25 Jahre später soll Stephen Kings Pennywise immer noch so viel Einfluss auf unserer Popkultur gehabt haben, dass man 2016 annimmt, es gäbe einen konkreten Zusammenhang zwischen der Sichtungswelle von Horror-Clowns und die für 2017 geplante Neuverfilmung des Romans „Es". Darüber, ob an dieser Theorie was dran ist, lässt sich streiten. Man kann allerdings nicht leugnen, dass Kings Vorlage unsere heutige Wahrnehmung von Clowns maßgeblich geprägt, wobei er aber auch nicht der Erste war, der ihnen ein düsteres Image verpasste.
Der US-amerikanische Volkskundler Benjamin Radford – ein Spezialist, wenn es um das Phänomen des „Bösen Clowns“ geht – sagte einst, dass es eigentlich wenig Sinn ergibt, danach zu fragen, wann und warum genau der Clown böse geworden ist, da er im Grunde nie wirklich gut war. Laut Radford hatten der moderne Clown und seine Vorgänger – wie z. B. der Stupidus im Antiken Rom oder der Narr im Mittelalter – schon immer eine tragische, wenn nicht gar dunkle Seite an sich. Denkt man genauer darüber nach, ist es nämlich oft so, dass die Funktion eines Clowns lediglich darin besteht, sich entweder für sein eigenes Unvermögen von andern auslachen zu lassen oder Freude an den Miseren seiner Mitmenschen zu finden. Darüber hinaus gab es im Laufe der Geschichte immer wieder Darstellungen von Clowns, die den heutigen Horrorgestalten gar nicht so unähnlich sind:
Vermutlich durch den mittelalterlichen Hofnarren inspiriert, gewann z. B. ab dem 17. Jahrhundert die Figur des Mr. Punch im britischen Puppentheater zunehmend an Popularität. Charakterisierend für Mr. Punch waren neben seiner bunten Kleidung, Tollpatschigkeit sowie dem törichten Humor vor allem sein Knüppel, mit dem er regelmäßig seine Frau, sein Kind oder andere Handpuppen aufgrund von Nichtigkeiten zu Tode prügelte. Ziemlich unangemessen für ein Unterhaltungsprogramm, das sich hauptsächlich an Kinder richtet, nicht wahr? Vergleichbare Figuren entstanden im Übrigen aber auch in anderen Teilen der Welt. So haben wir im deutschsprachigen Raum den Kasper und das nach ihm benannte Kasperletheater.
Ein weiteres Beispiel ist die italienische Oper „Pagliacci“ (z. dt. „Die Clowns“), die im 19. Jahrhundert Ihre Uraufführung hatte. Das komödiantische Stück erzählt von dem Berufsclown Canio und seiner untreuen Frau Nadda, die beide Teil einer reisenden Artisten-Truppe sind. Während einer Ihrer Aufführungen, in der der eifersüchtige Canio wie im wahren Leben in die Rolle des betrogenen Ehemannes schlüpfen muss, kann er seinen Zorn nicht länger zügeln und erdolcht Nadda noch auf der Bühne. Direkt darauf beendet er das Stück mit den Worten „Die Komödie ist aus“. Also wenn das nicht verstörend ist, dann weiß ich auch nicht.
Wie bereits im Kontext zu „Es“ erwähnt, hängt die Art und Weise wie wir Clowns wahrnehmen zu einem gewissen Grad von Ihrer Darstellung in der Kultur ab. Psychologen vermuten jedoch auch, dass unsere Angst vor Clowns u. a. daher rühren könnte, dass das aufgemalte falsche Lächeln, das Ihre wahren Emotionen versteckt, sowie die übertriebene Gestik und die grotesken Klamotten sie dehumanisieren. Sie sind dem Menschen zwar immer noch ähnlich, aber irgendwie anders und werden daher von manch einem als eine nicht berechenbare potenzielle Gefahr empfunden.
In diesem Sinne: Happy Halloween, Leute! Aber hütet Euch vor der Kanalisation!