Das Durchschnittsalter auf Virtual Popstar steigt und steigt. Damit ist es unweigerlich das immer mehr von uns ihren Schulabschluss erreichen und sich umsehen müssen, was sie denn nach der Schule machen und werden wollen. Hierbei sind vielfältige Möglichkeiten vorhanden. Ein Jahr im Ausland, ein FSJ, eine Ausbildung oder ein Studium. In der Reihe "Meine Zukunft als..." werdet ihr nun ein wenig mehr über die Zukunft und die Pläne einiger anderer VP User kennen lernen. Im achten Teil der Ausgabe geht es um das Studium der Volkwirtschaftslehre. Als Partnerin für dieses Interview hat sich Melind bereit erklärt!
Willkommen und vielen Dank für deine Bereitschaft dieses Interview mit mir zu führen! Wärst du so lieb und würdest dich erst einmal vorstellen?
Hi! Ich bin Xenia, 24 und mache seit diesem Jahr meinen Master im Bereich Volkswirtschaftslehre / Public Economics. Davor hab ich einen Bachelor in VWL mit BWL als Nebenfach gemacht. Cool, dass du mich interviewen magst und ich hoffe, es gibt dem ein oder anderen hier einen Einblick in den Bereich! :-)
Wie kam es denn dazu das du dich entschlossen hast dieses zu studieren?
Ich hatte jetzt nie so diese Vorstellung vom Traumjob und hab mich erst um die Abizeit herum mit dem Thema beschäftigt. In der Schule waren meine liebsten Fächer sowas wie Deutsch, Sowi und Kunst. Und dann hab ich eben danach geschaut, was so passen könnte. Am Ende hab ich mich zwischen Architektur und VWL entschieden und da ich meiner Meinung nach zu wenig Physik Basiswissen für Architektur hatte, hab ich mich dann an mehreren Unis für VWL beworben. Dass VWL ziemlich breit gefächert ist und man damit viele Möglichkeiten hat, hat natürlich auch eine Rolle gespielt.
Oh das kommt mir bekannt vor - ich würde nicht studieren wenn ich wüsste was ich machen wollen würde... Wo ist der Unterschied zu BWL?
Ich glaube mein Problem war eher, dass ich mich nicht wirklich entscheiden konnte, weil ich viele Bereiche interessant fand, aber mir nicht sicher war, ob der spätere Beruf dann eben was für mich ist oder ob ich überhaupt den benötigten Anforderungen entspreche. Zu letzterem denke ich im Nachhinein, dass man sich sicher das meiste aneignen kann, solange man sich denn dafür wirklich interessiert.
BWL ist ja Betriebswirtschaftslehre - und bezieht sich im Allgemeinen auf alle Aktivitäten in einem einzelnen Unternehmen. Also Rechnungslegung, Marketing, Logistik, sowas. VWL, Volkswirtschaftslehre, ist breiter gefasst und befasst sich mit der gesamten Wirtschaft als System. Da kann man beispielsweise die Mikro- und Makroebene betrachten, also einmal das Verhalten und Entscheidungen einzelner Akteure (Haushalte, Unternehmen) oder einmal die gesamte Volkswirtschaft in einem Land oder auch Zusammenhänge zwischen Staaten und Staatenverbünden.
Insgesamt ist die Basis und die Art der Fragestellungen doch sehr verschieden, also um mal ein paar Beispiele zu nennen:
BWL: Wie plant man Lagerbestände, Auf welchen Ebenen funktioniert Marketing, Welche Rechtsformen von Unternehmen gibt es und wann wird welche genutzt, Wie plant man Personalbedarf ein oder wonach stellt man neues Personal ein, Wie sollte eine Unternehmensstrategie oder ein Businessplan aussehen?
VWL: Welche Faktoren haben bei der Entstehung der Weltwirtschaftskrise 2008 eine Rolle gespielt und wie sind da die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Akteuren, Wie funktionieren Monopole und wie kann man Anreize schaffen, diese aufzudecken, Wie sollte der Staat effizient besteuern, Was für Auswirkungen hat der demografische Wandel auf den Arbeitsmarkt, Ist ein Mindestlohn oder ein Grundeinkommen sinnvoll?
Da gibt es natürlich noch viel mehr, je nach Themenbereich, aber ich hoffe, das hat den Unterschied ein wenig deutlich gemacht - die meisten denken nämlich immer noch, BWL und VWL wäre dasselbe.
Danke für die wirklich ausführliche Antwort! Ich denke deine Beispiele haben es schon ziemlich deutlich gemacht, wo genau der Unterschied liegt. Was genau sind denn Inhalte die in deinem Studium bisher vermittelt wurden?
Gern. Puh, das ist schwierig zusammenzufassen. Also ich bezieh' mich mal auf die VWL Module.
Im ersten Semester hat man natürlich alle Grundlagen, wie Mathe, Statistik A, Mikroökonomie I und noch ein Fach. An meiner Uni war man relativ frei, was man wann wählen möchte. Insgesamt hatte ich viele Statistik Fächer (weiterführend Ökonometrie), Spieltheorie, Industrieökonomik, Finanzwissenschaften oder auch monetäre Ökonomik und Wirtschaftspolitik. Da erhält man das Basiswissen und lernt grundlegende Zusammenhänge der Wirtschaft kennen. Vieles wird auch in mathematischen Modellen dargestellt, um Zusammenhänge zu verdeutlichen, und da braucht man eben erstmal grundlegende mathematische Kenntnisse. Und je nachdem, was dich dann am meisten interessiert, kannst du deine Schwerpunkt wählen, da hatte ich zum Beispiel Wettbewerbspolitik, und habe da eine Hausarbeit zum Thema geschrieben, wie das Kronzeugenprogramm vom Kartellamt funktioniert, welche spieltheoretischen Konzepte da gelten und wie Anreize für die Kartelle geschaffen werden, sich selber aufzudecken und ob so ein Programm überhaupt sinnvoll ist.
Man kann sich natürlich auch vollkommen anders spezialisieren, zum Beispiel in den Mathematik-Statistik-Bereich (Datenauswertungen, Modellrechnungen, etc) oder Finanzbereich (Bankenmärkte, EZB, Zinsen, Finanzpolitik, etc) oder Verhaltensökonomik (psychologische Gründe für nicht-rationales menschliches Verhalten in wirtschaftlichen Situationen).
Uff das klingt wirklich anstrengend! Wie viel Zeit pro Woche hast du denn zirka investieren müssen und wie viele Prüfungen standen am Ende des Semesters an?
Sehr verschieden - ehrlich gesagt hab ich die meiste Arbeit immer am Ende des Semesters gemacht und hatte entsprechend eine stressige Klausurenphase, aber ein entspanntes Semester, man kennt's XD Es gab auch einige Fächer, in denen es wöchentliche Abgaben gab, war aber definitiv die Ausnahme. Die meisten Module hatten zwar sowohl Vorlesung, Übung, als auch Tutorium gab, aber es wurde halt nicht überprüft, ob man die Aufgaben vorher selbst gemacht hat. Ich hab neben der Uni immer noch 1-2 Tage gearbeitet und in studentischen Vereinen noch was gemacht, und dann eben den Großteil des Lernens aufs Ende des Semesters geschoben. Standardmäßig vorgesehen waren so 5 Fächer pro Semester, also 5 Prüfungen. Meine Uni hatte aber immer zwei Prüfungstermine, einen am Anfang/Mitte der vorlesungsfreien Zeit und einen am Ende, dh man konnte sich das immer ganz gut aufteilen. Dafür hatte ich aber fast nie richtig Semesterferien, also ich war schon zwischendurch im Urlaub und sowas, aber danach gings halt weiter mit Lernen. War dann halt in der Klausurenphase so 8h/Tag in der Uni zum Lernen, und im Semester selbst vielleicht 4-5h/Tag, wenn man die tatsächlichen Veranstaltungen mitrechnet. Würde aber schon sagen, dass wenn man die Vor- und Nachbereitung aller Module laufend und richtig macht, dass Vollzeitstudium eben ein Vollzeitjob ist. Finde aber, dass man ja als Student auch seine Freiheit genießen sollte, ne :-)
Das sowieso immer! Aber das klingt dann ja wirklich entspannt machbar. Welche Zukunftsaussichten stehen einem denn so mit dem Bachelor- bzw. Master-Abschluss am Ende dann offen?
Ja, denke jedes Studium ist an sich machbar, sofern man bereit ist, sich wirklich mit den Inhalten zu beschäftigen :-)
Die Frage ist auch wieder eher schwierig klar zu beantworten, sorry... XD Also wie ich vorher schon gesagt hatte, kann man verschiedenste Spezialisierungen wählen. Typisch für VWL sind Banken und Ministerien, Bereiche, in denen man mit Datenauswertungen zu tun hat oder Risikobewertung in der Finanzbranche, Forschungsinstitute oder je nach Spezialisierung halt was komplett anderes. Da ich im Bachelor einen Teil BWL hatte, könnte ich auch in BWL Berufen arbeiten, wenn ich die entsprechende Spezialisierung gewählt habe oder Praxiserfahrung habe - also Projektmanagement, Marketing, Vertrieb, Accounting (Rechnungslegung), Controlling, Unternehmensberatung, HR, etc.
Also es stimmt schon, dass man mit einem Wirtschaftsstudium viele Möglichkeiten hat.
Im Master spezialisiert man sich ja meistens genauer in eine Richtung - ich hab weiter VWL gemacht aber mit einem Public Policy Schwerpunkt, also mit Fragestellungen, die oft im politischen Prozess stattfinden. Ich weiß noch nicht genau, wo ich da am Ende arbeiten möchte, aber wir beschäftigen uns im Studium viel mit aktuellen Themen wie dem Klimawandel, Digitalisierung und Umweltthemen aus wissenschaftlicher Sicht und einige Kommilitonen machen ihre Praktika zum Beispiel im Public Sector von Unternehmensberatungen, im Innovationsbereich oder im Datenmanagement von Unternehmen oder in Forschungsinstituten (zb bei einem Projekt mit einer Studie, ob der Energieverbrauch von Haushalten reduziert werden kann, wenn ein smartes Gerät den Energieverbrauch steuert).
Uff, da kann man sich vor lauter Auswahl ja gar nicht festlegen, was man machen möchte... Wie sehen denn, so ungefähr, die Gehaltsaussichten aus?
Ja, das merkt man entweder im Studium oder wählt nach Interessen. Die Grundlagen für das meiste sind ja vorhanden. Da eben viele auch ein Wirtschaftsstudium beginnen, ist Praxiserfahrung während des Studiums oder Praktika eben von Vorteil. Den ersten Schwerpunkt mussten wir im Bachelor auch erst im 4. Semester wählen.
Gehaltsaussichten - kommt extrem auf den Job an. Grundsätzlich ganz gut würde ich sagen, also da es ein breit gefächertes Studium ist, hat man wie gesagt in vielem eine Grundlage. Hab gerade mal gegoogelt: 34.000 EUR bis 45.000 EUR/ Jahr mit einem Bachelorabschluss, also grob runtergerechnet 3.000 pro Monat sollten möglich sein. Dazu muss ich noch sagen, dass das für Wirtschaftswissenschaften allgemein gilt - es gibt insgesamt weitaus mehr BWLer als VWLer, und ich hab auch schon Stories gehört von BWLern, die keinen Job gefunden haben und dann in ner Metzgerei gearbeitet haben. In BWL kann man im Studium Vieles einfach auswendig lernen und es studieren einfach zusätzlich nochmal mehr Leute BWL als VWL, also es ist eben ein beliebtes Studium. Aber wie auch mit fast jedem anderen Studienfach ist der Abschluss nur eine Art Eintrittskarte, und ob man den Job dann wirklich bekommt, hängt da viel mehr von der Praxiserfahrung, tatsächlichem Wissen und auch der eigenen Persönlichkeit ab, denk ich.
Ja Praxiserfahrung und Persönlichkeit braucht man ja eigentlich immer, ganz egal was man studiert oder lernt... Aber wenn man ein paar konkrete Vorstellungen entwickelt und sich dann reinhängt, hat man ja, ganz gute Chancen, davon später einmal gut leben zu können. Du hast schon gesagt, du weißt noch nicht genau wo du später einmal arbeiten willst, aber gibt es Tendenzen?
Ich würd gerne demnächst ein Praktikum im Public Sector oder im Bereich Entwicklungshilfe machen - wegen Corona gerade etwas schwierig, ich hoffe halt, dass bald ein Praktikum vor Ort wieder möglich ist, einfach weil auch der Austausch mit Kollegen und das Arbeitsumfeld vor Ort einen viel besseren Einblick in den möglichen zukünftigen Job gibt. Daumen drücken und so, dass der ganze Spuk möglichst bald vorbei ist.
Ansonsten find ich die Bereiche Innovationsmanagement und digitale Transformation auch ganz interessant, weil es so viele Entwicklungmöglichkeiten gibt. Ich würd auch gern mal näher einen Bereich kennenlernen, der datengetriebener ist oder auch Richtung Fusionskontrolle und Kartelle. Dafür brauch ich aber definitiv noch einen besseren quantitativen Hintergrund, hab dieses Semester dafür ein Ökonometrie Modul gewählt, in dem man mit einer Software Daten auswertet. Mal sehen wie das so läuft. Also insgesamt hab ich mich da noch nicht festgelegt, mein Plan ist auf jeden Fall, so zwei Praktika noch zu machen und ich denke Vieles ergibt sich dann noch. Aktuell hab ich genug mit dem Studium an sich zu tun ;D
Huh, na du hast ja viele Pläne! Ich drücke die Daumen, dass das mit dem Praktikum bald hinhaut. Hast du noch ein abschließendes Wort an die Leser?
An die Studienanfänger - es wird besser und man lernt mit Uni umzugehen XD
An Leute, die sich für ein Wirtschaftsstudium interessieren - es gibt auf jeden Fall viele Möglichkeiten, am besten in so viele Bereiche wie möglich mal reinschnuppern. Vor allem gibts auch viele interdisziplinäre Studiengänge, falls einen ein bestimmter Bereich besonders interessiert (Psychologie, Recht, Gesundheit, etc).
Ansonsten hab ich eigentlich nichts mehr zu sagen, hoffe irgendwas davon hat dem ein oder anderen weitergeholfen, adios c:
Ich hoffe ihr konnten vielleicht den ein oder anderen Tipp für euch und euer Leben aus diesem Interview ziehen. Lasst uns beiden gerne einen Kommentar da, wie euch das Interview gefallen hat, welche weiteren Fragen euch nun noch auf der Seele brennen und welche weiteren Themen euch interessieren würden!