Das Durchschnittsalter auf Virtual Popstar steigt und steigt. Damit ist es unweigerlich das immer mehr von uns ihren Schulabschluss erreichen und sich umsehen müssen, was sie denn nach der Schule machen und werden wollen. Hierbei sind vielfältige Möglichkeiten vorhanden. Ein Jahr im Ausland, ein FSJ, eine Ausbildung oder ein Studium. In der Reihe "Meine Zukunft als..." werdet ihr nun ein wenig mehr über die Zukunft und die Pläne einiger anderer VP User kennen lernen. Im siebzehnten Teil der Ausgabe geht es darum, wenn man bereits im Studium Mutter wird. Als Partnerin für dieses Interview hat sich HolladieWaldfee bereit erklärt!
Willkommen und vielen Dank für deine Bereitschaft dieses Interview mit mir zu führen! Wärst du so lieb und würdest dich erst einmal vorstellen?
Hallo mein Name ist Greta, ich bin 23 Jahre alt, studiere momentan im 7. Semester Soziale Arbeit. Mein Sohn heißt Dante. Ich mag kreative Sachen, ich bin eine Leseratte und schreibe hin und wieder auch ganz gerne, bin aber nicht sonderlich zuverlässig, weswegen ich niemals ein Buch rausbringen könnte. Ich basteln viel, spiele Videospiele, schaue Filme und Serien. Vor meinem Sohn bin ich gerne auf Festivals gegangen und bei Gelegenheit würde ich das auch wieder aufnehmen. Außerdem spielen bei mir Familie und Freunde eine große Rolle. Aber größtenteils wird mein Alltag von meinem Sohn gestaltet.
Wie alt warst du also, als du deinen Sohn bekommen hast und hast du den selben Studiengang auf der selben Universität studiert?
Ich war 21 Jahre alt. Ich bin noch im selben Studiengang meiner Hochschule, jetzt im 7.Semester. Ich habe mein Praxissemester in Teilzeit (50%) absolviert, und daraufhin ein paar Kurse verschoben, weswegen ich voraussichtlich im 8ten oder 9ten Semester mein Studium abschließen werde.
Habt ihr über Abtreibung nachgedacht oder stand schnell fest, dass ihr das Kind bekommen werdet?
Nein, für mich war ziemlich klar, dass ich das Kind behalten will und mein Freund hat die Entscheidung mir überlassen. Aber ich kann das super nachvollziehen, wenn man sich dafür entscheidet. Egal ob man selbst nicht bereit ist für ein Kind, man vielleicht noch zur Schule geht oder einfach keinen Rückhalt hat. Man muss die Entscheidung treffen, mit dem Bewusstsein, das man mind. die nächsten 18 Jahre für das Kind die Verantwortung trägt. Auf der Gegenseite sollte man sich aber auch im klaren sein, welche psychischen und physischen Folgen eine Abtreibung für einen haben kann.
Gibt es besondere Regelungen für Mütter während des Studiums?
Seit Januar 2018 gibt es ein neues Mutterschutzgesetz für Studierende, das erlaubt dir 8 Wochen vor der Geburt in Mutterschutz zu gehen (kann man freiwillig drauf verzichten) und 8 Wochen nach der Geburt Mutterschutz (verpflichtend, in Bezug auf bspw. Labor oder Prüfungen). Außerdem hat man einen Anspruch auf (extra) Urlaubssemester. Es gibt Kurse die Anwesenheitspflicht haben, wenn man aber nicht Vorort sein kann, hat man die Möglichkeit mit dem Dozierenden Alternativen auszuhandeln (wie bsw. eine 20 seitige Hausarbeit). Ansonsten gab es für meinen Studiengang nichts extra zu beachten, aber das variiert vermutlich auch vom Studiengang und von der jeweiligen Hochschule oder Universität. (Seit Corona sind die Regelungen für schwangere Studierende auch nochmal verschärft, z.b. keine Präsenzlehre an der Hochschule)
Das ist schön zu hören! War das Kind geplant?
Wir hatten zwar überlegt, das es sich anbietet, während dem Studium ein Kind zu bekommen, aber noch nicht so früh. Ich habe genau in der Prüfungsphase vom 1. Semester erfahren, das ich schwanger bin. Das war schon ziemlich überraschend. Wir hatten mit Diaphragma verhütet und haben einfach die Wahrscheinlichkeit unterschätzt. Aber so im Nachhinein war der Zeitpunkt gar nicht so schlecht.
Wie alt ist er jetzt?
Dante ist am ist am 05.10. zwei Jahre alt geworden.
Wie steht/stand der Vater dazu? Unterstützt er dich? Als was hat er während der Schwangerschaft gearbeitet?
Ich glaube er stand erstmal unter Schock. Er hat zu dem Zeitpunkt gerade sein Studium abgebrochen und nur sporadisch im Restaurant seiner Elternausgeholfen. Das waren aus seiner Sicht natürlich nicht unbedingt ideale Bedingungen um eine Vaterschaft anzutreten. Aber er ist gleich einen Monat später zu mir gezogen, hat sich eine Praktikumsstelle gesucht und dort auch seine Ausbildung angefangen. Er ist jetzt im 3. Lehrjahr als IT-Systemelektroniker. Und wir sind noch ein Paar.
Oh ja, dass kann ich mir nur zu gut vorstellen, da rechnet man ja sicher nicht mit. Wie hat das ganze finanziell funktioniert? Gab es finanzielle Unterstützung?
Finanziell hat es für unsere Lebensweise ganz gut funktioniert, obwohl wir nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben.
Als kleine Übersicht was wir im ersten Jahr bezogen haben:
Von mir
BaföG: ca. 700€ + ca. 100€ Kinderzuschuss
Kindergeld für mich: 200€
Kindergeld für das Kind: 200€
Elterngeld: 300€
Einmal Zahlung (Landesstiftung für Mutter und Kind in Bayern): ca. 800€
Meinem Partner
Ausbildungsgehalt: ca. 650€ + 350€ Ausbildungsbeihilfe (BAB)Kindergeld für ihn: 200€
Allerdings schwankt das eben auch im Verlauf, nach dem ersten Jahr fällt z.b. das Elterngeld weg (in Bayern knüpft dann noch das Familiengeld an, was aber 100€ weniger sind und bspw. ab 25 Jahre gibt es kein Kindergeld für einen selbst, aber nach Ausbildungsjahr erhöht sich auch der Gehalt. Es besteht auch die Möglichkeit ab der 13. Schwangerschaftswoche einen Mehrbedarf beim ALG2 gelten zu machen, aallerdings muss man dafür alles offen legen und das Einkommen der eigenen Eltern wird mit einberechnet. Sowie nach der Schwangerschaft kann man beim ALG2 die Erstausstattung beantragen. Wenn man z.b. nach der Geburt ins Urlaubssemester geht hat man auch Anspruch auf ALG2, allerdings darf man nach dem ALG2 dann keine Prüfungsleistungen vollbringen (was laut Hochschule oder Universität aber erlaubt wäre), somit ist das Verbot auch nicht ganz rechtens, aber man muss sich auf viel Hin und Her einstellen. Ich habe kein Urlaubssemester gemacht, aber ich konnte das auch gut mit meinem Studium vereinbaren. Außer die oben aufgeführten, hatten wir nicht direkt finanzielle Unterstützung, materiell haben wir natürlich viel gebraucht aber auch neu von Freunden und Familie geschenkt bekommen. Wenn wir die Familie besucht haben, kam es aber auch schon vor, das man dann mal 50 - 100€ zugesteckt bekommt. Ansonsten haben wir aber auch einfach viel gebraucht auf vinted oder ebay Kleinanzeigen gekauft.
Das ist schön zu hören! Und wie sah es zeitlich aus? Ich bin ca. 1 1/2 Monate nach der Geburt das erste mal wieder in der Hochschule mit meinem Sohn gewesen und war dann in unregelmäßigen Abständen in den Vorlesungen. Projektarbeiten habe ich im "Home-office" durchgeführt bzw. zur Projektpräsentation und zu mündlichen Prüfungen meinen Sohn in der Trage mitgenommen. Bei den schriftlichen Prüfungen kam meine Mutter zur Unterstützung oder mein Freund hat sich freigenommen. Im Frühjar 2020 war dann Corona in Deutschland und das kam mir persönlich zugute. Je älter ein Kind wird, desto weniger schläft es und braucht mehr Input und ich denke dann hätte es sich zunehmend schwieriger gestaltet ihn in Vorlesungen mitzunehmen. Wobei ich ihn auch jetzt noch vereinzelt in Nachmittagsvorlesungen nehme, aber das klappt dann nur ein - zwei Stunden und man selbst nimmt nicht ganz so viel aus der Vorlesung mit.
Oha ja, das glaube ich dir, aber schön, dass es diese Möglichkeiten gibt! Welche Probleme/Herausforderungen haben sich dir gestellt? Ich glaube die größte Herausforderung war es eine geeignete Wohnung zu finden, ich habe zum Zeitpunkt der Schwangerschaft in einem Ein-Zimmer Appartement mit 26m² gewohnt. Während dieser Zeit haben wir auch schon aktiv nach einer größeren Wohnung gesucht, als Studentin und Auszubildender ist man aber gerade in einer Großstadt nicht so gerne gesehen. Wir haben wirklich viel probiert mit Wohnberechtigungsschein, eigene Anzeige, hunderte Anzeigen angeschrieben, bei Wohnbaugenossenschaften angemeldet. Da aber keine Stelle dafür zuständig ist, Wohnraum zur Verfügung zu stellen ist das dementsprechend schwierig.
Ich habe dann irgendwann ein sehr dringliches Schreiben an eine Wohnbaugenossenschaft aufgesetzt, wo ich nochmal den Ernst der Lage erläutert habe (vielleicht auch etwas übertrieben dargestellt) und das sich niemand zuständig fühlt uns zu helfen. Daraufhin kam dann tatsächlich relativ Zeitnah eine Antwort und im Februar 2020 sind wir dann in eine größere Wohnung gezogen. Also knapp 4 Monate nach der Geburt von unserem Sohn und ungefähr einem Jahr suche. Ich würde an der Stelle allen, die in einer ähnlichen Situation den Rat geben, gerade bei der städtischen Wohnraum vergabe und bei Wohnbaugenossenschaften, immer wieder Druck machen, Nachfragen, Anrufen, Nerven. Auch wenn man sich super dämlich damit vorkommt. Ansonsten war für mich selbst noch schwierig alles mit meinem Praxissemester zu vereinbaren, wobei ich das mir auch selbst schwieriger gestaltet habe. Ich habe mein Praxissemester in Teilzeit (50%) abgeschlossen und es hat sich dementsprechend auf zwei Semester aufgeteilt, da mir das neben Familie und Haushalt scheinbar nicht genug war, habe ich im zweiten Teil meines Praxissemesters noch das eigentlich reguläre 6.Semester (wo meine Kommilitoninnen mit denen ich das Studium gestartet habe waren) bis auf einen Leistungsnachweis gemacht. Das war aber nur Dank Corona und Unterstützung von meinen Mitstudierenden möglich.
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Was hat dich am meisten angestrengt oder wovor hattest du Angst?
Etwas, womit ich immer noch Schwierigkeiten habe, bzw. daran arbeite. Bis dato habe ich mich nur in der Rolle der "Mutter" eingelebt, wogegen das professionelle, meine Rolle als angehende Sozialpädagogin auf der Strecke geblieben ist und ich mich da im Vergleich zu meinen Kommilitoninnen weiter zurück sehe. Da spielt dann natürlich auch mit ein, einen guten Abschluss zu schaffen.
Nach der Geburt hatte ich Angst, meinen sozialen Anschluss an meine Mitstudierenden zu verlieren, das ist so eine tolle Truppe, das hätte ich nur ungern aufgegeben.
Was ist das schönste daran?
Man hat oft einfach viel Zeit für sein Kind, gerade jetzt haben wir zwei Vorlesungen in der Woche, da geht man einfach Nachmittags einfach mal ins Schwimmbad oder probiert neue Spielplatze auf. Mit einem Semesterticket hat man dann im besten Fall auch einfach viel Spielraum, weil man mit allen Öffis fahren kann und mein Kleiner liebt es zum Beispiel Straßenbahn zu fahren. Außerdem finde ich, das man mit Kind (ist vermutlich ähnlich, wie mit einem Hund :'D) viele Leute kennenlernt, man hat oft ganz nette Begegnungen und kommt schnell ins Gespräch.
Zudem habe ich durch unser Kind so viel Unterstützung und Verständnis erfahren, das hat mich wirklich gerührt. Meine Familie wohnt 5 Stunden entfernt, von meinem Freund 3 Stunden, da kann man nur bedingt auf familiäre Unterstützung bauen. Deswegen ist eine community, um dich herum unglaublich entlastend.
Was möchtest du später mal arbeiten? Wie stellst du dir deinen Berufseinstieg mit Kind vor? Wo liegen Einschränkungen? Aktuell plane ich nach dem Bachelor noch einen Master anzuhängen, allerdings wird für meine Fachrichtung noch keiner an meiner Hochschule angeboten, deswegen müssen wir uns wohl nochmal auf einen Umzug einstellen.
Ich denke im Sozialen Bereich wird man für den Berufseinstieg eher auf Verständnis stoßen, aber man sollte eben genau wegen dem Sozialen Bereich ein höheres Maß an Flexibilität aufweisen. Darin sehe ich bis jetzt die größten Fallstricke. Ich würde gerne in die Erwachsenenarbeit, also in der "klassischen" Streetwork arbeiten, aber in dem Bereich hat man Arbeitszeiten und Anforderungen, welche kaum mit dem Familienleben einhergehen. Deswegen möchte ich auch lieber noch ein "bisschen" weiter studieren, um dann einen Plan auszuarbeiten, mit dem ich dann auch glücklich bin.
Ich drücke dir die Daumen! Hast du noch ein abschließendes Wort an die Leser?
Danke dir für deine Geduld und die Möglichkeit an deinem Interview teilzunehmen und Vielen Dank für alle, die es gelesen haben. Wenn jemand noch Fragen an mich hat, kann man mich gerne anschreiben!
Ich hoffe ihr konnten vielleicht den ein oder anderen Tipp für euch und euer Leben aus diesem Interview ziehen. Lasst uns beiden gerne einen Kommentar da, wie euch das Interview gefallen hat, welche weiteren Fragen euch nun noch auf der Seele brennen und welche weiteren Themen euch interessieren würden!