Vielleicht oder vielleicht auch nicht habt ihr schon davon gehört: Der YouTuber Unge hat vor Kurzem mit seinem Video "Milch ist GIFT! - Kanada streicht Milch aus Ernährungspyramide" die Debatte über den Milchkonsum und in wie weit dieser schädlich ist oder auch nicht, dezent angeregt.
Unter dem Hashtag #milchistgift wird nun seit dem auf den Social Media Seiten heftig diskutiert und das Thema ist so richtig hochgekocht.
Aber was genau ist an dieser Aussage denn dran? Ist Milch wirklich schädlich für unseren Körper oder hat da ein Überveganer den Unsinnsvogel abgeschossen?
Zuerst aber mal: Was genau war denn nun der Anlass des Ganzen? In seinem etwa 6 1/2 Minuten langem Video erklärt Unge, dass Kanada vorhabe, mit großer Wahrscheinlichkeit Milchprodukte aus der Ernährungspyramide zu streichen, also Milch als Produkt nicht mehr auf der Liste der Lebensmittelempfehlungen zu lassen.
Dies wird von ihm natürlich sehr befürwortet und er erklärt dem Zuschauer, dass uns Milchprodukte krank machen würden und es der "absolute Horror" wäre, dass diese weiterhin in unserer Ernährungspyramide mit einer Empfehlung eines zweimal täglichen Verzehrs stehen würden.
Laut ihm würde dahinter die Milchlobby stehen, welche systematisch versuchen würde, uns mit unseren alltäglichen Lebensmitteln zu vergiften, was ihm zufolge schon einer Verschwörung gleich kommen würde.
Auch würde es sehr viele Studien geben, die sogar belegen würden, dass Milch uns krank macht und nicht, wie uns immer in der Werbung (und so ziemlich überall) gesagt wurde, gut für unsere Gesundheit wäre.
So weit erstmal zu Unges Video...
Aber stimmt das den wirklich?
Muttermilch ist zunächst einmal vorrangig für Neugeborene (Menschen/ Tiere etc.) gedacht, da sie eine Vielzahl wichtiger Nährstoffe enthält, die das Baby unter anderem auch mit Anitkörpern zur Immunabwehr versorgen. Soweit so gut, für Babys ist Milch also extrem wichtig und nicht schädlich (Mutter Natur würde ja wohl kaum eine Vielzahl von Spezies mit sowas ausstatten, wenn es den Neugeborenen schaden würde).
Allerdings verlieren viele Menschen im Alterungsprozess die Fähigkeit, den Milchzucker, also die Lactose abzubauen, was dazu führt, dass ca. 65% aller Menschen weltweit lactoseintolerant sind. Ergo, der Milchzucker löst bei vielen Personen durchaus eine Abwehrreaktion im Körper hervor, in Form von z.B. Bauchschmerzen, Durchfall oder Übelkeit.
Aber ist Milch dadurch wirklich giftig und schädigt die Aufnahme von Milch unseren Körper wirklich so sehr, dass angeblich ein ganzes Land seine Bürger davor schützen will?
Der Mensch ist das einzige Lebewesen, dass auch nach dem Säuglingsalter weiterhin Milch trinkt und auch die Muttermilch eines anderen Tieres (nämlich hauptsächlich der Kuh). Das erfolgt bei uns jedoch hauptsächlich aus dem Grund, dass unser Körper für das Wachstum und die Stabilität unserer Knochen Kalzium braucht (gerade bei Kindern und Jugendlichen ist der Faktor Knochenaufbau elementar), welches in Milch nunmal in größeren Mengen, im Vergleich zu anderen Lebensmitteln, enthalten ist.
Es gibt zwar die Theorie, dass Milch Osteoporose verursachen soll, da es Ländern, in denen viel Milch getrunken wird (hauptsächlich in 1. Welt Ländern, wie z.B. Deutschland) viel mehr Menschen gibt, die im Alter daran erkranken und deren Knochen dann brüchig werden, als beispielsweise in asiatischen Ländern, wo der Milchkonsum um ein Vielfaches geringer ist. Dies allerdings muss nicht zwangsläufig so sein und ist auch wissenschaftlich nicht bewiesen, da es eine Vielzahl an äußeren Einflüssen gibt, die auf unseren Körper einwirken und die sich in verschiedenen Ländern zum Teil stark voneinander unterscheiden können. Ergo, es kann sein, dass Milch im Alter einen Einfluss auf die Erkrankung an Osteoporose hat, aber es kann genauso gut sein, dass es ein komplett anderen Grund dafür gibt.
Es gibt also keine definitiven Erkenntnisse darüber, ob sich der Milchkonsum im Alter negativ oder positiv auf uns auswirkt, was allerdings, wie gesagt, tatsächlich fest steht, ist, dass der Milchkonsum im Säuglingsalter und in der Wachstumsphase förderlich für die Gesundheit ist (sofern man nicht schon in diesem Alter eine starke Unverträglichkeit gegen die Inhaltsstoffe von Milch entwickelt hat).
Ebenso sieht es mit anderen Krankheiten aus. Es gibt keine endgültigen Nachweise darüber, ob sich der Milchkonsum auf Krankheiten wie z.B. Krebs durchgehend positiv oder negativ auswirken kann.
Halten wir also fest: Von wissenschaftlicher Seite aus gibt es keine erwiesenen negativen Auswirkungen von Milch auf unseren Körper, die die Bezeichnung Gift rechtfertigen würden.
Genau diese Argumente durfte die Unge (also der Uhrheber des Videos) in den Tagen darauf auch zuhauf anhören und hat nun in einem weiteren Video eingeräumt, dass es wissenschaftlich eben doch den Konsens gebe, dass Milch einen eher positiven als negativen Einfluss auf unseren Körper habe (also eigentlich dann das totale Gegenteil von dem, was er in seinem ersten Video behauptet hat).
Allerdings hält er weiterhin an der Aussage fest, das Milch Gift ist, jetzt jedoch in dem Kontext, dass nicht wir uns durch Milch vergiften oder vergiftet werden, sondern, dass wir durch unseren Milchkonsum den Tieren und unserer Umwelt schaden, was ja per se auch erstmal nicht falsch ist. Dadurch, dass wir sehr viel Milch konsumieren, ist dem entsprechend auch eine starke Nachfrage nach Milch weltweit vorhanden. Das führt dazu, dass es eine Vielzahl an Massentierhaltungen gibt, in denen Kühe (oder eben die Milch produzierenden Tiere) zum Teil unter sehr schlechten Lebensbedingungen gehalten werden. Zusätzlich dazu steht noch im Raum, dass die Methanproduktion der Kühe (also Kuhfürze) auch ihren Teil zum Klimawandel beitragen (also, dass das Methan in der Luft durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre zur Lufterwärmung beträgt - bitte verzeiht an dieser Stelle, falls ich das nicht zu 100% richtig erklärt habe, ist bei mir mit dem Chemieunterricht schon etwas länger her).
Auch richtig an dieser Stelle ist, dass dadurch, dass es mehr Kühe gibt, auch mehr Futtermittel für diese Kühe bereit gestellt werden muss und das geschieht gerade in den Massentierhaltungen häufig zulasten der Umwelt, da für den Anbau des Futters beispielsweise Wälder gerodet werden müssen oder das Futter stark gedüngt wird.
Unter dieser Sichtweise ist an der Aussage, dass Milch Gift ist (allerdings eben für unseren Planeten) durchaus etwas dran, aber was sagt ihr eigentlich zu diesem ganzen Thema?
Seht ihr das so wie ich, nämlich, dass ein etwas übereifriger Veganer sich ein bisschen zu wenig über das Thema informiert hat, infolge dessen etwas übers Ziel hinaus geschossen ist und dann mit einer nachträglich eingeschobenen Aussage in seinem zweiten Video doch zurück rudert (rudern muss)?
Und was haltet ihr überhaupt von der ganzen Debatte darüber, ob Milch nun für uns/ unsere Umwelt schädlich ist? Welchen Aussagen würdet ihr da eher zustimmen und was haltet ihr für totalen Mumpitz?
Fun Fakt am Rande: Es gibt keine definitiven Aussagen von kanadischer Seite, dass Milch tatsächlich aus der Ernährungspyramide gestrichen werden soll. Es wird lediglich momentan darüber beraten, ob man in Zukunft empfehlen sollte, dass der Konsument stärker auf pflanzenbasierte Lebensmittel zurück greifen solle. Also nichts mit absoluter Streichung aus der Lebensmittelempfehlung zum Schutz der Bürger vor Vergiftung.