Wir Menschen nehmen sowohl im wachen Zustand, als auch beim Schlafen zu jeder Zeit die Reize aus unserer Umwelt auf und verarbeiten sie. Wenn wir zu wenig Reize erhalten, ist uns schlicht langweilig und bei zu vielen fühlen wir uns bedrängt und überfordert, aber der Punkt, an dem wir uns wohl fühlen und sich diese beiden Extreme die Waage halten, liegt bei jedem Menschen woanders. Manche können schlafen, obwohl im Nebenraum eine Party gefeiert wird, während andere schon vom Geräusch der vorbeifahrenden Autos wach gehalten werden. Ebenso verhält es sich mit Emotionen. Während der eine beim Schauen eines Filmes bei jeder traurigen Szene in Tränen ausbricht, kann ein anderer darüber nur die Stirn runzeln.
Menschen, die an Hochsensibilität (kurz HSP = Highly Sensitive Person) "leiden" nehmen Reize aus ihrer Umwelt um ein Vielfaches stärker wahr, als "normale" Menschen. Bei ihnen ist der Punkt, an dem die äußeren Reize zu viel werden also viel schneller erreicht und schon minimale Reize können zu einem starken Unwohlsein führen. Hochsensibilität hat eine physische Ursache, nämlich ein besonders empfindliches Nervensystem, das Reize in stärkerer Form aufnimmt oder ungefiltert weiterleitet, sodass die betreffenden Reize stärker aus uns wirken.
Diese feinere Wahrnehmung kann durchaus auch positive Effekte haben (die ich gleich noch näher erläutern werde), aber oftmals wird es von betroffenen Personen eher als Belastung empfunden, da es kaum eine Möglichkeit gibt, der Überreizung zu "entkommen", besonders, wenn man in belebteren Städten wohnt, die nie vollkommen zur Ruhe kommen.
Im Zusammenhang mit den möglichen positiven Effekten möchte ich euch auch die verschiedenen Typen von Hochsensibilität vorstellen.
Sensorisch sensible Menschen
Diese Personen haben eine besonders feine Sinneswahrnehmung und sowas wie Geräusche, Gerüche, Lichter und Farben wirken sehr stark aus sie. Dadurch haben sie zwar eine sehr niedrige Toleranzschwelle, was äußere Reize angeht und fühlen sich schon bei leisen Geräuschen, blinkenden Lichtern oder unangenehmen Gerüchen sehr unwohl und überlastet, allerdings haben sie auch die Möglichkeit, ihre Umgebung viel intensiver wahrzunehmen, sind musisch und künstlerisch oft sehr interessiert und auch begabt und können Situationen, in denen sie sich wohl fühlen, viel deutlicher wahrnehmen und in Erinnerung behalten.
Emotional sensible Menschen
Gerade im zwischenmenschlichen Bereich bemerken diese Personen viel mehr Feinheiten und sind sehr empathisch. Dadurch reagieren sie oft sehr mitfühlend und helfen intuitiv, wenn sie merken, dass es dem Gegenüber schlecht geht. Die Kehrseite ist jedoch, dass sie die Gefühle von anderen und auch die eigenen viel stärker wahrnehmen, sich von kleinsten Veränderungen aus dem Gleichgewicht bringen lassen und sehr emotional reagieren können.
Kognitiv sensible Menschen
Diese haben ein tieferes Verständnis und bessere Wahrnehmung für "logische" Dinge und ein gutes Gespür für Wahr und Falsch, wodurch sie zum einen in sehr komplexen Dimensionen denken können und gerade in technisch wissenschaftlichen Bereichen sehr begabt sein können, aber im Gegenzug beeinträchtigt dieses komplexe Denken den "simplen" Alltag im Hinblick auf Kommunikation oder allgemein Interaktion mit anderen.
Diese drei Typen bzw. die drei Arten, die Hochsensibilität meistens betrifft, können sich natürlich auch überlappen und in verschiedenen Formen bei Menschen auftreten. Die positiven und negativen Effekte können ebenfalls in unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden sein.
Wichtig ist jedoch, dass Hochsensibilität nicht als Krankheit oder psychische Störung zu werten ist, obwohl einige Aspekte sich auch bei "Krankheiten" wie Autismus, AD(H)S, Neurosen oder Sozialphobien wiederfinden. Da allerdings die Abgrenzungsmerkmale herauszustellen würde zum einen den Umfang eines NT Artikels dezent sprengen und zum anderen auch meine Kenntnisse in diesem Bereich übersteigen, daher gehe ich darauf jetzt nicht noch genauer ein. Wenn euch das Thema allerdings interessiert, kann ich mich da genauer einlesen und dann irgendwann noch einen zweiten Teil zu diesem Thema schreiben.