„Puh… Das war echt knapp gewesen.“ Stieß Tiril völlig außer Atem von sich. Wer rechnete auch schon mit einem Bärenangriff? Sie jedenfalls hatte nicht mit so etwas gerechnet.
„Wir haben die anderen verloren.“ Erklang plötzlich Noah seine Stimme, woraufhin sich Tiril erschrocken umdrehte.
„A-a-a-aber…“ stammelte sie und Tränen traten ihr in die Augen. Wie sollte sie es nur ganz allein mit Noah aushalten? Sie wusste ja nicht einmal, wo genau sie nun eigentlich waren!
„Heulst du?“ fragend ruhte Noah sein Blick auf Sander seinem Schützling.
Fassungslos starrte Tiril den Wichtel an. Meinte er das gerade wirklich ernst? Wie konnte ein Lebewesen nur so taktlos sein?
Tiril schluckte den Klos in ihrem Hals hinunter und schüttelte energisch mit dem Kopf.
„Niemals!“ gab sie bissig von sich und setzte einen trotzigen Blick auf.
„Na Super. Mitten in der Pampa mit einem nichtsnutzigen Wichtel festsitzen. Genau so stelle ich mir eine Rettungsmission vor.“ Knurrte Noah missmutig und drehte sich um. Ohne auf Tiril zu warten, stapfte er dann auch schon los.
„Hey! Warte gefälligst auf mich!“ fauchte Tiril und folgte ihm schnell. Lieber mit diesem schlecht gelaunten und furchtbar gemeinen Wichtel zusammen sein, als hier allein herum zu irren.
„Sander?“
„Norah?“
„Meinst du, Tiril ist bei Noah?“
„Keine Ahnung.“
„Ich weiß nicht, was ich schlimmer finden soll…“
„Was genau meinst du?“
„Tiril ganz alleine, irgendwo hier in diesem unheimlichen Wald. Oder bei meinem Bruder.“
„Schlimmer wäre, wenn sie alleine ist.“
„Bist du dir da so sicher…?“
„…“
„Du hättest warten sollen. Du bist viel zu langsam. So kommen wir nie voran!“ nörgelte Noah rum, während er mit vor der Brust verschränkten Armen da stand und auf Tiril wartete. In seinen Augen brauchte sie viel zu lange. Furchtbar!
„Du könntest mir ja auch helfen, statt dumm rum zu stehen und zu meckern!“ giftete Tiril zurück. Sie hatte beschlossen, ihn genauso gemein zu behandeln, wie er es mit ihr tat.
Etwas ungeschickt landete sie dann direkt vor Noah. Endlich! Sie hatte den Fluss überquert, ohne ins Wasser zu fallen und dabei womöglich noch zu ertrinken. Sie war sich nicht sicher, ob Noah sie retten würde…
„Können wir jetzt endlich weiter? Wir haben sowieso schon viel zu viel Zeit verloren.“ Mit diesen Worten drehte Noah sich mal wieder um und ging weiter. Warum auch warten?
„Blödmann!“ murrte Tiril leise und verdrehte genervt die Augen. Konnte der Kerl eigentlich auch noch was anderes, außer meckern? Nun war Tiril jedenfalls stolz auf sich, es ganz allein über den Fluss geschafft zu haben.
Schweigend liefen die beiden Wichtel nebeneinander her. Es gab ja auch nichts, über das sie hätten reden können. Jedenfalls ging Tiril davon aus.
Nach einer Weile allerdings gab es wirklich etwas, was sie loswerden musste.
„Uh… Noah…?“ druckste sie nach einer Weile auch herum und sah ihn mit unglaublich großen Augen an.
Genervt blieb der Wichtel stehen. Was war denn jetzt schon wieder? Wütend und schon mit einer passenden Bemerkung auf der Zunge, drehte er sich zu ihr und verstummte.
„Was…?“ zischte er letztendlich und funkelte sie wütend an. Musste sie so einen Blick machen? Das war ja nicht zum aushalten!
„…ich… Also weißt du…“ stammelte sie verlegen und spielte mit ihren Fingern. Oh Gott war das Peinlich!
„Ja…?“ nun etwas ruhiger verschränkte Noah wieder einmal die Arme vor der Brust. Was hatte sie denn jetzt schon wieder? Eine Spinne im Haar? Gott, wie furchtbar!
„Hör mal, entweder du redest mit mir, oder wir gehen weiter!“ grummelte er und wollte auch schon weiter gehen, als er am Arm festgehalten wurde. Und an diesem hing niemand anderes als Tiril.
„Ich … ich muss mal…“ ein leichter Rotschimmer legte sich auf ihre Wangen, als sie die Worte kaum hörbar über die Lippen gebracht hatte.
„…“ Noah war sprachlos. Er hatte ja wirklich mit allem gerechnet, aber mit so etwas? Niemals. Seufzend schüttelte er Tiril ab und deutete auf ein paar Büsche.
„Da… Ich warte hier.“ Grummelte er unterdrückte einen weiteren Seufzer.
„Ich soll einfach in die Büsche…?“ lies Tiril den Satz unvollendet, während sie auf die Büsche starrte.
„Du kannst auch hier machen.“ Schlug Noah gleichgültig vor und zuckte mit den Schultern.
„Dachte aber, ein bisschen Privatsphäre wäre schon schön.“ Fügte er noch hinzu. Er wollte weiter. Konnte sie sich nicht wenigstens einmal beeilen?
„Uh… Okay…“ murmelte Tiril und Tapste zögernd auf das Gebüsch zu. Oh Gott, was da wohl alles herumkriechen mochte? Und da sollte sie wirklich…?
Ungeduldig stand Noah da und wartete. Und wartete. Und wartete…
„Tiril?“ fragte er nach einer Weile und tatsächlich schwang eine minimale Besorgnis in seiner Stimme mit.
„WAAAAH!“ urplötzlich kam Tiril aus den Büschen gerannt, glücklicherweise wieder vollständig angezogen, und rannte Noah direkt in die Arme. Unsanft landeten sie auf dem Waldboden, Tiril direkt auf ihm.
„Was zum…?“ fragte er aufgebracht und stieß sie grob von sich.
„Da…da war ein furchtbar ekliger Käfer gewesen!“ verteidigte sich Tiril und hatte Tränen in den Augen.
„…ein … Käfer?“ fragte Noah ungläubig und starrte das Mädchen an. War das wirklich ihr ernst? So wie sie aussah, ja!
„Hast du das gehört?“ fragte Norah Alarmiert und wartete eine Antwort gar nicht mehr ab. Schnell war sie los gelaufen, genau in die Richtung aus der sie Tiril ihren Schrei gehört hatte. Was mochte dem armen Ding nur passiert sein?
„Norah! Warte!“ Sander nahm die Verfolgung auf.
„Da! Siehst du? Da ist das Vieh!“ kreischte Tiril und zeigte auf einen großen Käfer, welcher nun aus dem Gebüsch gekrabbelt kam. Ängstlich hatte sie sich an Noah seinen Arm geklammert. Blöder, gemeiner und ignoranter Wichtel Mal beiseitegeschoben, sie hatte mehr Angst vor dem Käfer.
„Das ist ein einfacher Käfer. Und jetzt lass mich los!“ vergeblich versuchte Noah sich aus ihrem Klammergriff zu befreien, zwecklos. Er hatte nicht die geringste Chance.
„Ihr zwei scheint euch ja super zu verstehen.“ Erschrocken ließ Tiril von Noah ab, als Norah sich zu Wort meldete.
„Siehst du, Norah. Die beiden haben es überlebt und scheinen sich nun sogar gut zu verstehen. Warum also hast du so ein riesen Theater darüber gemacht, ob die beiden sich womöglich gegenseitig umbringen könnten?“ fragte Sander und war einfach nur froh, dass es den beiden gut ging und sie unverletzt waren.
„Können wir dann jetzt bitte endlich weiter?“ fragte Noah sichtlich genervt und hatte, wie üblich, trotzig die Arme vor der Brust verschränkt.
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